Schützen nützt: Unser Wildrebenprojekt
Worum geht es bei dieser Forschung?
Wir arbeiten für einen Nachhaltigen Weinbau auf evolutionsbiologischer Grundlage. Aus einem Artenschutzprojekt für die fast ausgestorbene Europäische Wildrebe (die Stammform unserer Kulturrebe) entstand unerwartet eine wertvolle genetische Resource, die nun für die Züchtung krankheitsresistenter Reben eingesetzt werden kann.
Wie ist die Idee entstanden?
Die Weinrebe ist sehr anfällig gegen Krankheitserreger, was großen Aufwand für den Pflanzenschutz mit sich bringt. Beispielsweise gehen etwa 70 % der Fungizidproduktion auf das Konto des Weinbaus. Die meisten dieser Erreger, wie etwa der Falsche Mehltau der Weinrebe (Plasmopara viticola) haben sich gemeinsam mit wilden Weinarten entwickelt, die offenbar gut mit diesem Erreger zurechtkommen. Aber Krankheiten sind nicht alles: durch den Klimawandel bringt neue Herausforderungen wie Trockenheit oder Bodenversalzung. Die Evolution hat viele dieser Probleme schon gelöst. Können wir der Natur also in die Trickkiste schauen?
Wir haben dafür im Botanischen Garten eine umfangreiche Sammlung von Wildreben aus aller Welt etabliert und untersuchen nun, mit welchen Strategien sich diese Pflanzen gegen Krankheiten und abiotischen Stress zur Wehr setzen und welche besonderen Genvarianten hierfür wichtig sind. Besonders wertvoll: unsere Sammlung der Europäischen Wildrebe, der Stammform unserer Kulturrebe. Diese Sammlung bildet die komplette genetische Vielfalt ab, die in Deutschland noch übrig ist, ein wertvoller Schatz.
Was ist unsere Vision?
Wir denken nicht, dass man mit einem Wundergen alle Probleme meistern kann. Wir denken eher, dass wir einen Werkzeugkasten voller Genvarianten benötigen, die wir dann für verschiedene Herausforderungen unterschiedlich kombinieren können. Der Weg der Wahl heißt molekulare Züchtung und hat nichts mit Gentechnik zu tun, denn man greift auf die natürliche Sexualität der Pflanze zurück: Die in den Wildreben gefundenen Genvarianten werden auf herkömmliche Weise in Kulturreben eingekreuzt. Man benutzt jedoch das molekulare Wissen, das von uns und vielen Kollegen in einer internationalen Anstrengung zusammengetragen wurde, um unter den Nachkommen einer solchen Kreuzung schnell und präzise diejenigen herauszusuchen, mit denen man dann weiterarbeiten will. Einen langen Atem braucht man dennoch - Weinreben brauchen einige Jahre, bis sie zum ersten Mal blühen, bis man also weiterzüchten kann. Für die ersten Kreuzungen unserer Wildreben mit Kultursorten, wächst jedoch schon eine umfangreiche Nachkommenschaft heran, die in ein paar Jahren für den nächsten Züchtungsschritt zur Verfügung steht.