Rundgang Eingangsbereich

Nepenthes
Our pitcher plants mimick the scent of mating prone fly females and thus lure the males into perish

Besonderheiten im Eingangsbereich (Auswahl)

Kannenpflanzen (Nepenthes)

Gleich wenn man zur Türe hereinkommt, findet man links unsere Sammlung von Kannenpflanzen. Diese merkwürdigen Geschöpfe haben ihre Blätter zu einer Art hängenden Mägen umgebildet. Mit dem perfekt nachgeahmten unwiderstehlichen Parfüm einer paarungsbereiten weiblichen Fliege locken sie die Fliegenmännchen in den Tod und verdauen sie sogleich. Sie tun das nicht um der Kalorien willen, sondern, um an biologisch verfügbaren Stickstoff dranzukommen. In den Baumwipfeln Südostasiens, wo sie sich als Aufsitzerpflanzen angesiedelt haben, fehlt der Mutterboden, also behelfen sie sich mit dem Trick, sich den Stickstoff aus dem Protein der Insekten zu holen. Andere Vertreter dieser Gattung haben sich noch was viel Raffinierteres einfallen lassen, worüber eine Tafel informiert - der Trick sei aber hier nicht verraten. So viel sei gesagt: so etwas Abgefahrenes kann sich ein menschliches Gehirn nicht ausdenken, die Phantasie der Evolution hat uns hier einiges voraus...

Genbank Südwest

In einem bundesweiten Projekt wurden wilde Vorfahren oder Verwandte unserer Kulturpflanzen besammelt, um so in einer Art genetischer Arche Noah wertvolle Gene für künftige Züchtungsforschung zu sichern. Unser Garten war für den Südwesten Deutschlands zuständig. Dieser Schatz lagert in unserer Genbank Südwest, von jeder Probe wurde eine Sicherheitskopie an die Loki-Schmidt-Sammlung des Botanischen Gartens Osnabrück abgegeben.

Urfarne

Gleich daneben steht ein prächtiges Exemplar des Gabelblattfarns, der uns als lebendes Fossil zeigt, wie die ersten Landpflanzen aussahen, die vor etwa 500 Millionen Jahren als erste Organismen überhaupt das schützende Wasser verließen. Eine Tafel informiert über die "Lego-Bausteine" der Landpflanzen, die Telome. Das sind röhrenartige Bausteine, die damals erfunden wurden und seither, legoartig, miteinander kombiniert werden, um alle Organe der Landpflanzen aufzubauen.

Täuschorchidee Bletilla

Einige Orchideen, die wir vom geschlossenen Garten Saarbrücken retten konnten, hängen bei den Kannenpflanzen und bliehen häufig - etwa die prächtige Vanda, das dankbare Dendrobium oder die Cattleya, die vom französischen Dichter Marcel Proust in seinem Roman bekannt gemacht wurde. Diese Orchideen findet man auch häufig anderswo. Eine absolute Rarität ist freilich die Bletilla formosana, die aus Taiwan zu uns kam. Sie ist nicht nur extrem selten, sondern hat sich auch einen ziemlich bizzarren Trick einfallen lassen, um sich die Bezahlung der Bestäuber mit Nektar zu sparen: Die Bestäuber, besondere Langhornbienen, tun ihre Arbeit dennoch, benehmen sich aber merkwürdig. Sie versuchen sich nämlich mit der Blüte zu paaren und bekommen dabei ihr Pollenpaket auf die Stirn geklebt. Die Blüte imitiert dazu täuschend echt den Duft eines paarungsbereiten Weibchens, aber auch die relevanten optischen und haptischen Schlüsselreize.

1759, als Beitrag zu einem von der russischen Zarin Katharina ausgeschriebenen Wettbewerb, führte Joseph Kölreuter, später der erste Direktor des Botanischen Gartens im Schloss Karlsruhe, ein ebenso elegantes, wie tiefgründiges Experiment durch. Er brachte den Pollen einer Tabakart mit plumpen Blüten, Nicotiana rustica, auf die Narbe der schlanken Nicotiana paniculata und führte die Bestäubung auch in Gegenrichtung durch. Die Kinder standen in ihrer Blüte genau in der Mitte der Eltern und er schloss daraus, dass beide Elternteile an der Vererbung gleichberechtigt teilhaben. Damit hatte er nicht nur die Wissenschaft der Vererbungslehre (Genetik) begründet, sondern auch noch en passant gezeigt, dass Mann und Frau genetisch gleichberechtigt sind, was den damaligen Vorstellungen, dass nur die Väter für die Vererbung verantwortlich seien, wiedersprach. Eine Konsequenz dieses wissenschaftlichen Beitrags zur Geschlechter-Gerechtigkeit: Gregor Mendel, der hundert Jahre später die damals schon vergessenen Schriften Kölreuters las, begriff, dass jedes Merkmal in zwei Anlagen (heute würden wir dazu Gene sagen) vorhanden sein muss. Damit konnte er das unverstandene Rätsel der Latenz lösen. Damit ist gemeint, dass manchmal die Kinder ein Merkmal ausprägen, das man bei keinem der Eltern gezeigt wird, aber verdeckt (genetisch ausgedrückt: rezessiv) weitervererbt wurde. Diesen bahnbrechenden Versuch haben wir daher hier für Sie aufgebaut und seine Bedeutung für die Genetik erklärt.