Aktuelle Forschung am Botanischen Institut II
Hallo,
wir möchten Ihnen auf dieser und weiteren verlinkten Seiten den Lehrstuhl Botanik II vorstellen und mögliche Themen für experimentelle Arbeiten (Bachelor und Master) aufzeigen.
Vorab ein kleines Quiz - Sie können raten, von welchen zwei Organismen-Gruppen mit jeweils einem Vertreter im Folgenden die Rede ist:
Tatsächlich handelt es sich bei der Gruppe A um das Reich der Pflanzen, während die Gruppe B stellvertretend für das Reich der Tiere steht!
Nun ja, in der Tat sind Pflanzen, was ihren Stoffwechsel angeht, Tieren gegenüber im Vorteil - aber wie sieht es im Bereich der DNA-Reparatur aus?
Überraschend aber war: Pflanzen können DNA-Schäden viel besser reparieren als z.B. Menschen: 5 Gray Gamma-Strahlung sind für den Menschen tödlich, Pflanzen überleben bis zu 100 Gray!
Abbildung: Arabidopsis-Wildtyp-Pflanzen und verschiedene Mutanten nach Behandlung mit 100 Gray Gamma-Strahlung, Wildtyp (oben).
Wie kann man diese bessere DNA-Reparatur erklären?
Pflanzen weisen eine sessile Lebensweise auf, d.h. sie können nicht davonlaufen, wenn die Umweltbedingungen gerade einmal nicht optimal sind. Sie müssen also mit den Umgebungsbedingungen so auskommen, wie diese gerade sind. Zudem haben Pflanzen keine Keimbahn - damit Pflanzen die genetische Information ohne allzu viele Mutationen an ihre Nachkommen weitergeben können, müssen also auch in den somatischen Zellen alle DNA-Schäden möglichst genau repariert werden. Genau dies ist zudem ein faszinierender Aspekt der Pflanzengenetik – während Mutationen in der Keimbahn von Tieren erst dann durch die Umweltbedingungen auf ihre Vorteilhaftigkeit oder mögliche Nachteile hin überprüft werden, wenn der neue Organismus nach der Befruchtung entstanden ist, so werden Mutationen bei Pflanzen bereits auf somatischer Ebene einem Fitness-Test unterzogen. Nur Genotypen, die sich als nicht erheblich nachteilig oder eventuell sogar als vorteilhaft erweisen, können den Weg in die Keimbahn schaffen und damit das Genom der Art mit beeinflussen.
Haben Pflanzen also im Vergleich zu Tieren besondere, unvergleichbare DNA-Reparaturenzyme?
Das auch, aber viele Reparaturenzyme kommen sowohl in Pflanzen als auch Tieren vor. So gibt es zum Beispiel die RecQ-Helikasen, die für die Genomstabilität eine essentielle Rolle spielen. Menschen haben fünf verschiedene RecQ-Helikasen, Pflanzen haben sogar sieben!
- Mehr zum Thema RecQ-Helikasen gibt es hier!
Warum kann ich dann nicht gleich die DNA-Reparatur bei Säugetieren untersuchen?
Weil viele Mutationen in DNA-Reparatur-Genen im Menschen oder im Mausmodell bereits tödlich für den sich entwickelnden Embryo sind. So spielt z.B. das Gen Brca1 bei der Brustkrebsentstehung eine wichtige Rolle. Schon der Ausfall eines Allels führt zu einer erhöhten Brustkrebsrate, der Ausfall beider Allele ist tödlich. In der Genetik wird aber häufig die Funktion eines Gens durch Defektmutanten untersucht. Da können nur Pflanzen helfen: Arabidopsis-Mutanten mit dem Komplett-Ausfall ihres Brca1-Gens sind lebensfähig und fertil!
- Mehr zu Brustkrebsgenen in Pflanzen gibt es hier!
Wir sehen also schon, Pflanzen sind Tieren in mancherlei Hinsicht überlegen. Aber könnte man nicht auch Pflanzen noch besser machen?
Doch, wenn man zum Beispiel Saatgut mit verbesserten Eigenschaften herstellen könnte, so zum Beispiel eine erhöhte Trockenresistenz, welche im Zusammenhang mit der Klima-Erwärmung von Vorteil für den Anbau und den Ertrag von Nutzpflanzen sein würde. Außerdem könnte man den Schädlingsbefall minimieren oder den Vitamingehalt erhöhen.
Um solche Verbesserungen zu etablieren, muss man die Rekombinationsfrequenz erhöhen oder Gene aus Wildpflanzen einkreuzen. Das machen Pflanzenzüchter seit jeher, aber das dauert lange und kostet viel.
Gibt es Alternativen zur klassischen Pflanzenzüchtung?
Ja, wenn man besser verstehen kann wie es zum Austausch von DNA-Strängen in der Meiose kommt (Rekombination). Wenn man also in der Meiose die Crossovers besser steuern kann, könnte man bessere Kulturpflanzen erzeugen.
- Mehr zur Meiose-Forschung gibt es hier!
Aber ist es nicht ein großes Problem in der Grünen Gentechnologie, dass Antibiotika-Marker verwendet werden und der Insertionsort für neue Gene im Genom zufällig zustande kommt?
Stimmt - zum Teil: wenn ein konventioneller Pflanzenzüchter neues genetisches Material einkreuzt weiß er nicht welche Kombinationen er erzeugt und in der Grünen Gentechnologie der ersten Generationen waren in den Pflanzen in der Tat noch Enzyme, die Antibiotika abbauen. Mit der Grünen Gentechnologie der zweiten Generation werden molekulare Scheren entwickelt, die Antibiotika-Marker wieder ausschneiden können und beim Gene Targeting den Integrationsort neuer Gene ganz genau festlegen lassen. Übrigens, die Natur macht seit vielen 100 Millionen Jahren Grüne Gentechnologie und zwar ungerichtet.
- Mehr zum Thema Grüne Gentechnologie gibt es hier!
Welche Techniken kommen zur Beantwortung dieser Fragestellungen zum Einsatz?
- Fluoreszenzmikroskopie
- Transformation von Pflanzen (stabil mittels Agrobacterium tumefaciens oder transient mithilfe der Gen-Kanone)
- in vitro Tests auf Rekombinationsfrequenzen
- Bestimmung der Transkriptionsrate mittels quantitativer Real-Time PCR
- Design und Assemblierung eigener Endonukleasen für die zielgerichtete Mutagenese und biotech. Fragestellungen
- Genotypisierungen sowie der Nachweis von Polymorphismen oder induzierten Mutationen mittels High Resolution Melting Analysen
- Proteinreinigung mittels Protein-Flüssigchromatographie-Anlagen
Wie kann man weitere, tiefere Einblicke erzielen, z.B. auf molekularer Ebene?
Hierzu werden in der Botanik II proteinbiochemische Methoden angewandt, bei denen einzelne Proteine in größeren Mengen in Escherichia coli exprimiert und dann gereinigt werden. Diese Proteine können dann genau charakterisiert werden, um herauszufinden, welche DNA-Strukturen ein Enzym umsetzen kann. Und da das Ganze mehr ist als die Summe seiner Einzelteile untersuchen wir an der Botanik II auch noch Protein-Komplexe. Diese werden aus Pflanzen isoliert und anschließend genauer analysiert.
- Mehr zur der Proteinbiochemie gibt es hier!
Wir fassen zusammen ...
Pflanzen sind sehr interessante Untersuchungsobjekte und die Erforschung von DNA-Reparatur- und Rekombinationsvorgängen in Pflanzen führt zur Verknüpfung mit Bereichen aus der Biotechnologie und Medizin.
Und außerdem macht es noch jede Menge Spaß!
Für alle diesen Themengebiete werden Bachelorarbeiten, aber auch Diplom-, Zulassungs- und Master-Arbeiten angeboten. Bei Interesse wäre eine rechtzeitige Kontaktaufnahme mit Botanik 2 in allen Fällen wünschenswert, um eventuelle Vorbereitungen treffen zu können. Auch bietet sich im Bachelor-Bereich die Einarbeitung im Rahmen eines Schnupperkurses (Modul 0008) und im Masterbereich ein F3-Praktikum als Vorbereitung an.