Die "echte" Goji-Beere?
Worum geht es?
Die Globalisierung schwemmt immer wieder neue Lebensmittel auf den Markt, häufig im Gefolge von Modetrends wie Ayurveda, Wellness oder New Age. Eine schnell wachsende Nachfrage, oft exotische, hierzulande wenig bekannte Pflanzen, oft unklare Bezeichnungen bilden ein ideales Biotop, wo Produkte verfälscht, gestreckt oder falsch deklariert werden. Ein Alptraum für den Verbraucherschutz. Mithilfe von genetic barcodes im Verbund mit lichtmikroskopischen Verfahren entwickeln wir hier neue Strategien, um solche Pflanzen oder die daraus hergestellten Produkte, schnell und sicher authentifizieren zu können.
Projektthema
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist ein uraltes und hochentwickeltes Medizinsystem, das auf über 3000 Jahre Erfahrung zurückblicken kann. Im Zentrum stehen etwa 1500 Pflanzen, die in komplexen und ausgeklügelten Gemischen verabreicht werden um im Körper einen dynamischen Heilprozess anzustossen. Das Potential dieser Medizin wird zunehmend auch im Westen entdeckt, was sich in einem schwunghaften Internethandel niederschlägt. Viele der Pflanzen sind selten, taxonomisch schwierig und kostspielig. Untersuchungen in Taiwan zeigen, dass etwa ein Viertel der TCM-Präparate durch andere Pflanzen gestreckt oder gar ersetzt wird. Im günstigsten Fall sind solche Surrogat-Produkte unwirksam, bei Verwechslungen mit giftigen Pflanzen können die Folgen fatal sein. Gemeinsam mit der Firma Phytocomm in Kehl (dem größten Importeur für TCM Produkte in Deutschland) suchen wir daher nach Wegen, über eine Verbindung aus mikroskopischer Diagnostik und genetic barcodes mehr Verbrauchersicherheit zu schaffen. Im Zentrum des Projekts steht derzeit die Wolfsbeere, bekannter als "Goji-Beere". Dieser Frucht werden ware Wunderkräfte nachgesagt. Unbestritten ist sie durch ihren hohen Gehalt an Antioxidantien wirksam gegen Entzündungen, weiterhin gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit gegen Alzheimer und als Linderung gegen die Nebenwirkungen von Chemotherapie (eine Antitumorwirkung wird zwar oft behauptet, scheint aber eher "heiße Luft" zu sein). Seit vielen Jahren gibt es einen Streit darüber, welche Goji-Beere die "echte" sei - die aus Tibet stammende Lycium barbarum oder die aus China stammende Lycium chinense. In China schwört man darauf, dass die Beeren aus der Provinz Ningxia kommen müsse, weil dort das beste Klima herrsche. In Wahrheit hat man es nicht mit einer Goji-Beere zu tun, sondern mit einem Komplex aus etwa 40 Arten, die morphologisch kaum zu unterscheiden sind. Hierzulande wird die edel Beere gerne mit getrockneten Berberitzen gestreckt oder gar ersetzt. Können wir hier Licht ins Dunkle bringen? Wir haben eine Reihe von Goji-Akzessionen im Botanischen Garten kultivieren können, einige davon haben auch schon Beeren produziert.
Methodik
Hier muss zunächst eine Datenbankanalyse nach vorhandenen genetische barcodes durchgeführt werden - je mehr Vergleichsmarker es gibt und je informativer die sind, umso eindeutiger werden die Ergebnisse sein. Die Akzessionen haben alle einen Erkennungscode, der eisern notiert werden muss - die Akzessionen gehören ja möglicherweise verschiedenen Arten an... Es wird genomische DNS isoliert und dann die passenden barcoding marker über PCR amplifiziert und zum Sequenzieren geschickt. Parallel werden die Akzessionen mikroskopisch verglichen, interessante diagnostische Marker sind zum Beispiel Spaltöffnungsmuster oder die relative Größe Epidermiszellen / Palisadenparenchym, aber auch Haare, Trichome, Kristalle. Wenn die Sequenzen geliefert werden, werden diese mit Sequenzen aus den Datenbanken aliniert und daraus ein NJ-Baum erstellt. Dann werden geeignete Sequenzunterschiede ausgesucht, womit man künftig einen diagnostischen Test zu entwickeln - hierfür kommen neben RFLP vor allem ARMS in Frage.
BetreuungDr. Thomas Horn
Plätze
-
2 (1 Master als F2, anschliessendes F3 möglich; 1 Bachelor als Modul 8)
Publikationen
Einsatz von ARMS als diagnostisches Werkzeug am Beispiel Drachenkopf
102. Horn T, Völker J, Rühle M, Häser A, Jürges G, Nick P (2014) Genetic authentication by RFLP versus ARMS? The case of Moldavian Dragonhead (Dracocephalum moldavica L.). Eur Food Sci Technol 238, 93-104 - pdf