Salvia hispanica (Chia)
Vor ein paar Jahren in Europa noch unbekannt, inzwischen das vegane Superfood überhaupt. Der Spanische Salbei (Salvia hispanica) hat als Chia seinen Siegeszug durch deutsche Supermärkte angetreten. Die ölreichen Samen sind reich an ungesättigten Fettsäuren, vor allem die Omega-3-Fettsäuren, denen man wahre Wunderkräfte bei der Vorbeugung von Herzinfarkt & Co zuspricht und die man sonst vor allem in Seefisch und Meeresfrüchten antrifft. Die traditionelle hohe Lebenserwartung in Japan wird vor allem auch dem reichlichen Genuss der Omega-3-Fettsäuren zugeschrieben. Aber was tun, wenn man den Geruch von Fisch nicht ausstehen kann oder vegetarisch oder gar vegan leben möchte.
Hier bietet Chia einen Ausweg aus dem Dilemma – die ölreichen Samen dieses mexikanischen Verwandten unseres Salbei sind weitgehend geschmacksfrei und können daher sowohl süß als auch pikant verarbeitet werden. Neben den wertvollen Omega-3-Fettsäuren enthalten sie in den sogenannten Kristallzellen ihrer Samenschale blitzschnell aufquellende Schleimstoffe, die man in der Küche überall dort einsetzen kann, wo etwas schnell fest werden soll – ob Pudding oder Kaltschale, ein Löffel Chiasamen kann so die für Vegetarier problematische Gelatine ersetzen.
Aber nicht überall, wo Chia drauf steht, ist auch Chia drin. In Mittelamerika, wo die Pflanze schon seit der Zeit der Azteken und Maya kultiviert wird, werden neben dem Spanischen Salbei (Salvia hispanica) auch noch andere Pflanzen als Chia bezeichnet, darunter nicht nur andere Salbeiarten, sondern auch Pflanzen, die gar nicht verwandt sind, wie etwa der Amaranth (Fuchsschwanz). Vermutlich steht der Begriff gar nicht für eine bestimmte Pflanze, sondern eher für eine Art der Nutzung – vermutlich bezeichnet „Chia“ einfach nur Pflanzen, deren ölreiche Samen essbar sind. Die Europäische Union hat den zuvor hier nicht bekannten Wundersalbei hingegen in ihrer Novel Food Verordnung auf die Art Salvia hispanica festgenagelt. Traditionelle Bezeichnung und industrielle Standardisierung prallen hier also aufeinander. Hinzu kommt, dass der Chia-Boom in Europa den eher kleinteiligen Markt für diese traditionelle, aber früher außerhalb Mittelamerikas kaum bekannte, Nutzpflanze leergefegt hat. So viel Chia, wie bei uns verkauft wird, wird dort gar nicht angebaut. Dass es neben dem üblicherweise dunkelbraunen Chia (Chia nica), noch einen hellsamigen (Chia clara) gibt, macht den Wortwirrwarr noch komplett – immerhin sind beide aber „echter“ Spanischer Salbei und unterscheiden sich nur in der Färbung (bei uns Menschen gibt es ja auch unterschiedliche Hautfarben, obwohl wir zur selben Art gehören). Problematischer ist da schon, dass inzwischen auch andere pflanzliche Produkte als Chia vermarktet werden, obwohl sie mit Salbei gar nichts zu tun haben – der neueste Trend sind etwa Basilikumsamen, die als „Basilikum-Chia“ oder teilweise auch ohne den Zusatz „Basilikum“ im Handel auftauchen.
Mit einem Gentest kann man aber relativ schnell und sicher Ordnung in das Chaos bringen, egal wer was wie benennt, anhand der DNS lässt sich feststellen, um welche Pflanze es sich jeweils handelt. Die entsprechenden Werkzeuge stehen zur Verfügung, man muss sie nur einsetzen. Auch wenn es nach allem, was wir wissen, keinen Schaden anrichtet, wenn man statt dem Spanischen Salbei die Samen einer anderen Salbei-Art zu sich nimmt, sollte möglichst das, was auf der Packung drauf steht, mögichst auch drin sein.