Projekt: Nanosekunden-Elektroschocks bringen Algen auf Trab

Kulturen von Chlamydomonas reinhardtii. Kann man durch Nanosekunden-Elektroschocks Bioenergie erzeugen?

Worum geht es?

Es ist inzwischen klar: Energieversorgung muss nachhaltig sein. Bioenergie ist daher einer der Schwerpunkte am KIT. Algen wachsen schnell und setzen Lichtenergie sehr wirksam in chemische Energie um. Die Anzucht in Fermentern ist freilich noch so aufwendig, dass man mehr Energie reinsteckt, als man hinterher herausbekommt. Kann man das Wachstum der Algen so stimulieren, dass man bessere Ausbeuten bekommt? Seit mehr als 5 Jahren arbeiten wir mit dem Institut für Hochenergie-Impuls- und Mikrowellentechnologie (IHM) am Campus Nord zusammen. Bei dem interdisziplinären Projekt geht es um die Wirkung von ultrakurzen Elektroschocks auf Pflanzen. Diese nsPEFs (für nanosecond pulsed electrical fields) erzeugen bei Pflanzen erstaunliche Wirkungen. Beispielsweise kann man eine Zuckerrübe durch solche Schocks dazu "überreden", sich durch programmierten Zelltod selbst umzubringen, so dass man den Zucker energiesparender gewinnen kann. Wenn man die Spannung der nsPEFs herabsetzt, findet man nun seltsamerweise, dass das Wachstum stimuliert wird. Wie und warum, weiß noch keiner. In einem von der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderten Projekt geht es nun darum, diese Elektroschocks biotechnologisch nutzbar zu machen. Zum einen wird versucht, die Bildung von Biomasse zu beschleunigen. Ein völlig neuer Aspekt, der vermutlich noch viel spannender ist: kann man durch solche Pulse die Bildung von medizinisch interessanten Substanzen stimulieren. Also: Elektroschocks statt Apotheke?

Wie gehen wir vor?

Die zellulären Mechanismen für diese Effekte sind noch unbekannt. Es geht also um Pionierarbeit. Selbst die einfache Frage, ob der Zuwachs auf einer Steigerung der Zellteilung oder auf einer Steigerung des Zellwachstums beruht, ist nicht beantwortet. Die Zellbiologie steckt noch in den Kinderschuhen. Für Chlamydomonas wissen wir schon, dass die Kultur in der Zellteilungsphase ganz anders auf Auxine reagiert als in der Zellexpansionsphase. Im laufenden Projekt geht es nun um eine weitere Art, Haematococcus, eine Mikroalge, die unter bestimmten Bedingungen das Asthaxanthin produziert, ein für medizinische Anwendungen sehr wertvolles Carotinoid. Wir wollen verstehen, wie die Bildung dieses wertgebenden Inhaltsstoffes gesteuert wird und an welcher Stelle wir das durch Elektroschock-Behandlung steigern können. Hierfür sollen systematische Pilotstudien durchgeführt werden. Dabei muss nicht nur das Wachstum gemessen, sondern auch eine Analytik für die Asthaxanthin etabliert werden (zunächst mithilfe von spektroskopischen Messungen, mittelfristig über eine HPLC-Analytik, die wir am Institut aufgebaut haben).

Betreuung

Dr. Christian Eing, Prof. Dr. Peter Nick, M. Sci. Fan Bai

Plätze

  • 2 Studierende im Master (als F2, im Anschluss F3 und Masterarbeit auf diesem Thema möglich)
  • 1 Studierende im Bachelor (als Modul 8)

Publikationen

99. Kühn S, Liu Q, Eing C, Wüstner R, Nick P (2013) Nanosecond electric pulses target to a plant-specific kinesin at the plasma membrane. J Membrane Biol 246, 927-938 - pdf

[25] Frey W, Flickinger B, Berghoefer T, Eing C, Liu Q, Nick P (2011) Electropermeabilization versus nsPEF-Stimulation – Pulsed Electric Fields can Stimulate the Growth of Plants and Fungi (2011). European Bioelectromagnetics Association 10 ISBN 978-88-8286-231-2 - pdf