Tödlicher Bärlauch
Worum geht es?
Unsere Ernährung ist immer vielfältiger geworden. Im Zuge der Gesundheits- und Naturkostwelle steigt auch das Interesse an früher wenig genutzten Arten. Diese werden entweder über Märkte bezogen oder zum Teil auch selbst gesammelt. Aufgrund der Urbanisierung hat die Artenkenntnis jedoch über die letzten Jahrzehnte stark abgenommen. Dies hat zur Folge, dass Verwechslungen häufiger werden. In vielen Fällen ist das nicht so tragisch, weil einfach ähnlich aussehende, aber letztlich nicht wohlschmeckende oder wirkungslose Arten auf dem Teller landen. In manchen Fällen können solche Verwechslungen jedoch fatale Folgen haben. Hier ist es für den Verbraucherschutz notwendig, Tests zu entwickeln, mit denen man kommerzielle Proben schnell und sicher authentifizieren kann.
Wo stehen wir?
Wir haben in den letzten Jahren einen integrierten Ansatz entwickelt, um diese Problematik für neue Trendpflanzen und den daraus hergestellten Handelsprodukten anzugehen. Dabei kombinieren wir klassische diagnostische Verfahren, die vor allem mikroskopische Analysen einsetzen mit molekularen Tests, die auf sogenannten genetic barcodes beruhen. Solche diagnostischen Tests sind freilich nur so gut, wie ihre Referenzen. Wir treiben daher relativ viel Aufwand, um authentische Referenzpflanzen zu bekommen, diese im Botanischen Garten zu kultivieren und mithilfe von entsprechender Literatur, manchmal auch mit der Hilfe von taxonomischen Experten zu bestimmen. Eine falsche Referenz bedeutet letztendlich ein falscher Test!
Im Brennpunkt derzeit
Jedes Frühjahr bricht von neuem das Bärlauchfieber aus. Diese würzige und intensiv schmeckende Pflanze wird inzwischen in kreativer Weise zubereitet und vermarktet. Vom Bärlauch-Pesto bis zu den Bärlauchnudeln kann man auf Märkten und Naturkostläden, immer häufiger aber auch im gewöhnlichen Supermarkt Produkte aus Bärlauch finden. Der Bärlauch liebt lichte Wälder, mit frischem, leicht feuchten Boden und tritt in großen Massen auf. Daher wird er nicht angebaut, sondern gesammelt. Dies ist mit einem gewissen Risiko behaftet, denn es gibt im selben Biotop auch noch andere Pflanzen, deren Blätter sehr ähnlich aussehen, die aber giftig sind. Neben dem Maiglöckchen ist das vor allem die Herbstzeitlose und der Salomonssiegel, seltener auch der Aronstab. Das Maiglöckchen enthält Digoxigenin-artige Herzglykoside, zum Glück in einer relativ geringen Menge, so dass Vergiftungen hier unangenehm, aber selten sehr gefährlich werden. Problematischer ist die Herbstzeitlose - das Alkaloid Colchicin (ein Mikrotubuli-Gift) ist sehr toxisch und hier kam es immer wieder auch zu Todesfällen. mehr dazu...
Konkrete Fragestellung
Hier muss zunächst eine Datenbankanalyse nach vorhandenen genetische barcodes durchgeführt werden. Die Proben müssen alle eisern unterschieden werden. Die Gartenherkünfte haben alle einen Erkennungscode, bei Handelsprodukten oder selbst gesammeltem Material ist eine eindeutige Unterscheidung und eine genaue photographische Dokumentation / Herbarisierung wichtig.... Es wird genomische DNS isoliert und dann die passenden barcoding marker über PCR amplifiziert und zum Sequenzieren geschickt. Parallel werden die Akzessionen mikroskopisch verglichen, interessante diagnostische Marker sind zum Beispiel Spaltöffnungsmuster oder die relative Größe Epidermiszellen / Palisadenparenchym. Wenn die Sequenzen geliefert werden, werden diese mit Sequenzen aus den Datenbanken aliniert und daraus ein NJ-Baum erstellt. Dann werden geeignete Sequenzunterschiede ausgesucht, womit man künftig einen diagnostischen Test zu entwickeln - hierfür kommen neben RFLP vor allem ARMS in Frage.
Methoden und Werkzeuge
- Lebendmaterial der relevanten Arten aus dem Garten, zusätzlich werden noch selbstgesammeltes Material und kommerzielle Proben untersucht
- Primer für genetic barcoding von Pflanzen - rbcL, matK, its, tnr, IGs und andere
- optional: Methoden für genetische Fingerabdrücke und entsprechende Primer (RAPD, tubulin-based polymorphism, ISSR)
- Methoden für Histologie und lichtmikroskopische Analyse (digitale Bildaufnahme)
Plätze
- 2-3 Studierende (auch als Projektpraktikum geeignet)