2015_02: Wehrhafter Wein
Im Botanischen Garten des KIT wird eine in ganz Europa einmalige genetische Kostbarkeit bewahrt: eine vollständige Sammlung aller in Deutschland noch lebenden Genotypen der Europäischen Wildrebe (Vitis sylvestris). Diese Stamm-Mutter unserer Kulturrebe ist fast ausgestorben - die letzten lebensfähige Population findet sich auf der Rhein-Halbinsel Ketsch zwischen Karlsruhe und Mannheim und wurde von uns im Rahmen eines Artenschutzprojekts gesammelt, genetisch untersucht, vermehrt und an geeigneten Stellen im Auwald wieder ausgewildert (mehr dazu...).
Eine Untersuchung dieser Sammlung zeigte, dass die Wildreben gegen eine Vielzahl von Krankheiten immun sind. Dies lässt sich dafür nützen, neue Reben zu züchten, die aufgrund ihrer besseren Immunität weniger oft gespritzt werden müssen. In einem mehrjährigen Projekt im Rahmen des transnationalen Forschungsnetzwerks BACCHUS - Forschung für Nachhaltigen Weinbau gelang es uns nun, gemeinsam mit Kollegen vom INRA Colmar und dem DLR Neustadt, eine der Ursachen für diese bessere Immunität aufzuklären. Wir konnten zeigen, dass diese Wildreben generell besonders schnell und stark Resveratrol und Viniferin bilden können. Diese Abwehrstoffe können das Wachstum von Mikroorganismen wirksam unterdrücken. Für den Menschen sind diese natürlichen Antibiotika nicht nur unschädlich, sondern sogar gesund - Resveratrol ist ein wirksames Antioxidans und unterdrückt Gefäßerkrankungen. Aufgrund einer fett- und fleischreichen Küche sollten die Franzosen eigentlich deutlich weniger lange leben - man vermutet, dass das traditionelle Glas Rotwein und der damit aufgenommene Schub an Resveratrol genügt, um das auszugleichen (sogenanntes French Paradox). Diese erhöhte Bildung von Resveratrol steht mit einer stärkeren Aktivierung des Gens für Stilbensynthase im Zusammenhang. Derzeit arbeiten wir daran, den Schalter für dieses Gen zu erforschen. Demnächst also mehr...
Veröffentlichung
112. Duan D, Halter D, Baltenweck R, Hugueney P, Nick P (2015) Genetic diversity of stilbene metabolism in Vitis sylvestris. J Exp Bot 66, 3243-3257 - pdf