Psilotum nudum (Gabelblattfarn)
Ein Bote aus uralten Zeiten
Im Eingangsbereich steht ein uraltes Exemplar dieses lebenden Fossils, das aus lauter kleinen Röhren zusammengesetzt scheint. Vor etwa 440 Millionen Jahren, im Silur, gelang es den ersten Pflanzen, dauerhaft an Land Fuß zu fassen und so diesen eigentlich feindlichen Lebensraum auch für andere Organismen zu erschließen. Es dauerte weitere 50 Millionen Jahre, bis die ersten Tiere das Land so richtig eroberten - erst waren es asselartige Geschöpfe, später eine Art plumpe Salamander. Diese ersten Pioniere waren, wie man aus in Irland gefundenen Fossilien weiß, ebenso aus gablig verzweigten Röhren, den Telomen, zusammengesetzt. Die Ähnlichkeit wird noch deutlicher, wenn man Jugendstadien des Gabelblattfarns anschaut - häufig durchlaufen Lebewesen während ihrer Entwicklung noch einmal ihren stammesgeschichtlichen Werdegang, was den deutschen Evolutionsbiologen Ernst Häckel zu dem Satz "Die Ontogenese ist eine Rekapitulation der Phylogenese" anregte, der als Biogenetisches Grundgesetz berühmt wurde (obwohl er in dieser Ausschließlichkeit aus heutiger Sicht nicht zutrifft).
Erfolgsrezept: "LEGO"
Nachdem, vor über 400 Mio Jahren, der gabelig verzweigte Grundaufbau der Urfarne erfunden war, entstanden dann binnen von „nur“ 40 Jahren die modernen Farne. Für die Evolution eine fürwahr stürmische Angelegenheit. Wie konnte dies so schnell passieren? Die Antwort: Die Natur spielte "LEGO" - die Bausteine waren diese von den Urfarnen entwickelten Röhren, die Telome. Aus diesen Röhren wurden dann alle Organe der späteren Landpflanzen zusammengebaut. Wie man aus fossilen Funden weiß, verlängerten sich die Zweige der Gabel unterschiedlich lang („Übergipfelung“), rückten dann in eine Ebene („Planation“) und bildeten dazwischen dann erst eine Art „Schwimmhaut“ aus („Verwebung“), die dann immer umfangreicher wurde. Etwa vor 370 Jahren war dann das erste „richtige“ Blatt geboren.
Die stille Revolution der Telome
Diese LEGO-Bausteine waren eine revolutionäre Erfindungen, weil sie alle Probleme des Landlebens auf einen Schlag lösten: Ohne Wasser muß sich die Pflanze selbst tragen, ohne Wasser muß sie sich vor Austrocknung schützen, ohne Wasser muß sie selbst für den Transport von Nährstoffen sorgen.
Ein Telom besteht aus drei Teilen, die genau diese drei Aufgaben lösen:
- Leitgewebe zum Transport von Wasser und Nährstoffen, das durch Holz auch Tragkraft bietet
- Grundgewebe, was je nach Bedarf flexibel neues Leitgewebe bilden kann und sonst die Photosynthese leistet
- Eine Außenhaut, die vor Verdunstung schützt und dennoch über steuerbare Mundöffnungen (Spaltöffnungen) Gasaustausch erlaubt