Maclura pomifera - die Milchorange
Wie Gäste von einem anderen Stern liegen im Spätherbst diese Knubbelfrüchte auf dem Rasen beim Eingang des Botanischen Gartens. Sie stammen von einem weiblichen Baum der Milchorange (Maclura pomifera), einer amerikanischen Verwandten des bekannteren Maulbeerbaums. Ihre Ursprungsregion, das Dreiecksland zwischen Arkansas, Oklahoma und Texas, war das Stammesgebiet der Osage-Indianer, daher heißt die Milchorange auch Osagedorn. Nachdem sie Präsidenten Jefferson als Präsent zugeschickt wurde, erlangte sie in den ganzen USA große Berühmtheit und wurde als Straßenbaum angepflanzt. Die Früchte können bis zu ein Kilo schwer werden und man hat lange gerätselt, für wen sie ursprünglich bestimmt waren - momentan scheinen sich nur Grauhörnchen dafür zu interessieren, die aber große Schwierigkeiten haben, diese schweren Knubbelmonster abzuschleppen. Inzwischen weiß man, dass die Adressaten schon lange ausgestorben sind - es waren die früher in Nordamerika heimischen Riesenfaultiere, die bis zu 6 Meter hoch werden konnten und so die nahrhaften Früchte ernten und die Samen verbreiten konnten. Auch Mammuts, Riesennashorn und das Donnertier der Sioux konnten sich für diese Früchte begeistern. Die Milchorange ist also so etwas wie ein fossiler Gruß aus einer untergegangenen Welt.
Inzwischen erlebt sie jedoch eine Renaissance als so genanntes funktionelles Nahrungsmittel. Bisher wird die Osagefrucht noch nicht für die menschliche Nahrung genutzt, obwohl sie zart nach Orange duftet. Sie ist nämlich vollgestopft mit Pomiferin, einem Isoflavon mit stark antioxidativer Wirkung, das gegen Gefäßkrankheiten, Entzündungen, Alterungserscheinungen und Übergewicht wirken soll. Es könnte also sein, dass die Stelle des Riesenfaultiers als Hauptnutzer von Homo sapiens übernommen werden wird...