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Ein sehr prächtiges Exemplar steht im Ehrenhof, aber auch im Botanischen Garten findet man ihn an der Südseite der Gewächshäuser. Vor 200 Millionen Jahren eroberte er viele Kontinente unseres Planeten, doch ähnlich wie die Dinosaurier verschwand er am Ende der Kreidezeit, vor etwa 60 Millionen Jahren. Die einzige heute noch lebende Art ist seit der Kreidezeit nachweisbar – damit ist Ginkgo biloba vermutlich die älteste existierende Art überhaupt. Natürlich kommt er nur noch in den südchinesischen Bergen nahe der Stadt Chongqing vor, wurde später aber als Tempelbaum in ganz Ostasien verbreitet.
Der deutsche Naturforscher Engelbrecht Kämpfer schaffte es als einer von wenigen Ausländern, Japan zur Zeit des Tokugawa Shogunats zu bereisen, als das Land vollständig von der Außenwelt ausgeregelt. Er sah und beschrieb diesen merkwürdigen Baum und ließ sich von seiner japanischen Geliebten die Schriftzeichen (Silber, Aprikose) aufschreiben. Diese Zeichen müssten eigentlich, den Regeln folgend, als Gin-Kyo gelesen werden, aber wider alle Regeln heißt der Baum in Japan itchoo und das Wort „Ginkgo“ wird nicht einmal verstanden. Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde der seltsame Namen des Baums (Ginkyo) beim Druck der Flora Japonica in Lemgo versehentlich zu Ginkgo und dieser Fehler fand dann Eingang in Linnés berühmtes Systema Natura, so dass diese merkwürdige Schreibweise in Stein gemeißelt war.
Die fächerartigen Blätter erinnern an den Frauenhaarfarn, aber der Ginkgobaum gehört zu den Nacktsamern und ist damit ein Verwandter unserer Nadelbäume. Ein sehr urtümlicher Verwandter jedoch – zwar hat er einen Pollenschlauch, aber dieser platzt kurz vor Ankunft bei der Eizelle auf und entläßt ein bewimpertes Wesen, das noch die letzten Mikrometer schwimmend zurücklegt und die Eizelle befruchtet. Dieses bewimperte Wesen ist ein Spermatozoid, wie man es noch bei den Farnen findet. Der Ginkgobaum vereinigt also urtümliche und moderne Merkmale – eine Art Archaeopteryx der Botanik.
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