Der Jasmonat Code
Worum geht es bei dieser Forschung?
Jasmonsäure ist so etwas wie das Adrenalin der Pflanzen. Wie kann ein allgemeines Signal so viele unterschiedliche Reaktionen vermitteln? Der Jasmonatweg ist nicht eindimensional, sondern sowohl in der Synthese als auch in der Signalverarbeitung vielfach verzweigt und vernetzt. Wir vermuten, dass in dieser Vernetzung die Grundlage für die Spezifität liegen könnte. Wir denken auch, dass für die "Bedeutung" des Signals nicht so sehr seine molekulare Natur, sondern vor allem seine zeitlich-räumliche Verteilung wichtig ist (Signaturhypothese). Wir bearbeiten dies an Reis, der wichtigsten Nahrungspflanze auf diesem Planeten, aber auch Weinreben als in Mitteleuropa bedeutsamer Kulturpflanze. Vor allem die Rolle von Jasmonatsignaturen für die Resistenz gegen Bodenversalzung und Dürre sind von hoher praktischer Bedeutung.
Wie ist diese Idee entstanden?
Wir haben vor mehr als 25 Jahren eine Reismutante (hebiba - "Schlangenblatt") entdeckt, die Licht und Dunkel verwechselt. Überraschenderweise zeigte sich später, dass diese Mutante kein Jasmonat bildet (). Nach vielen Jahren genetischer Kartierung und Komplementierung konnte gezeigt werden, dass bei der Mutante hebiba das Gene Allene-Oxid-Cyclase (AOC) ausgefallen ist (Riemann et al., 2013). Neben der hebiba-Mutante konnten im Lauf der Jahre noch weitere Mutanten isoliert werden, die in die Synthese oder die Verarbeitung des Jasmonatsignals betroffen sind. Mithilfe dieser Mutanten gelang es, zahlreiche Stress-Antworten von Reis genauer zu verstehen.
Was ist unsere Vision
Unterschiedliche Stress-Situationen erfordern unterschiedliche Anpassungen der Pflanze. Wie entsteht also auf der Basis des Jasmonat-Signalwegs Spezifität? Wir vermuten, dass das zeitliche und räumliche Muster (die Signatur des Signals) eine wichtige Rolle für die Spezifität spielt. In der Tat konnten wir inzwischen zeigen, dass Verschiebungen im zeitlichen Muster von Signalen mit unterschiedlichen Qualitäten der Stressantwort einhergeht. Ähnlich wie bei der menschlichen Sprache die Reihenfolge von Wörtern in einem Satz bisweilen eine andere Bedeutung überträgt, könnten auch hier die Reihenfolge von Signalen nach "grammatikalischen Regeln" unterschiedliche Bedeutung vermitteln. Diese "Grammatik" der pflanzlichen Stress-Signale wollen wir entschlüsseln. Zum Einen untersuchen wir daher die Entstehung und auch das Vergehen von Signalen über die Zeit, zum Anderen versuchen wir, durch Einkoppeln von Genschaltern in diese zeitlichen Muster die Qualität pflanzlicher Stress-Anpassung zu manipulieren. Wir konnten zeigen, dass es bei der Vorstufe OPDA eine Abzweigung im Signalweg gibt, die programmierten Zelltod (eine Art pflanzliche Apoptose) anschaltet. Wenn wir diese Verzweigung zu kontrollieren lernen, könnte es gelingen, Reis auch unter Stress zur Erzeugung von Ertrag (yield under stress) zu bringen.
Publikationen
- Svyatyna K., Riemann M. (2012) Light-dependent regulation of the jasmonate pathway. Protoplasma 249 Suppl 2:S137-145
- 46.Riemann M, Müller A, Korte A, Furuya M, Weiler EW, Nick P (2003) The rice mutant hebiba lacks jasmonate induction. Plant Physiol 133, 1820-1830 - pdf - kurze Erklärung der Bedeutung dieser Arbeit finden Sie
- 95. Riemann M, Haga K, Shimizu T, Okada K, Ando S, Mochizuki S, Nishizawa Y, Yamanouchi U, Nick P, Yano M, Minami E, Takano M, Yamane H, Iino M (2013) Isolation of rice ALLENE OXIDE CYCLASE mutants and the function of jasmonate for defence against Magnaporthe oryzae. Plant J 74, 226–238 - pdf
- 101. Svyatyna K, Jikumaru Y, Brendel R, Reichelt M, Mithöfer A, Takano M, Kamiya Y, Nick P, Riemann M (2014) Light induces jasmonate-isoleucine conjugation via OsJAR1-dependent and -independent pathways in rice. Plant Cell Environment 37, 827-839 - pdf
- 106. Brendel R, Svyatyna K, Jikumaru Y, Reichelt M, Mithöfer A, Takano M, Kamiya Y, Nick P, Riemann M (2014) Effects of light and wounding on jasmonates in rice phyAphyC mutants. Plants 3, 143-159 - pdf
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