Die hebiba Mutation ist aufgeklärt
Veröffentlichung
95. Riemann M, Haga K, Shimizu T, Okada K, Ando S, Mochizuki S, Nishizawa Y, Yamanouchi U, Nick P, Yano M, Minami E, Takano M, Yamane H, Iino M (2013) Isolation of Rice ALLENE OXIDE CYCLASE mutants and the function of jasmonate for defence against Magnaporthe oryzae. Plant J 74, 226-238 - pdf
(136 Zitate, 13.6 pro Jahr, Stand 17.02.2022)
Worum geht es?
Bei der Suche nach Signalen, die für die Reaktion des pflanzlichen Wachstums auf Licht eine Rolle spielen, entdeckten wir 1991 in Japan eine Reismutante, die auf den ersten Blick blind war. Auf den zweiten Blick zeigte sich dann aber, dass diese Mutante Licht durchaus wahrnehmen konnte, dass sie aber Licht und Dunkel verwechselte. Diese Mutante, die aufgrund ihrer verlängerten Blätter hebiba (japanisch für Schlangenblatt) getauft wurde, konnte dann zehn Jahre später aufgeklärt werden - sie war nicht in der Lage, das Hormon Jasmonsäure zu bilden (Riemann et al. 2003). Jasmonsäure war bis dahin vor allem als Wundsignal bekannt gewesen. Ausgelöst durch die überraschende Erklärung für die hebiba Mutante konnten wir inzwischen zeigen, dass dieses Hormon, zumindest bei Reis, das zentrale Signal für die Anpassung an Stress darstellt. Welches Gen bei dieser Mutante betroffen ist, war jedoch nicht bekannt. Die hebiba Mutante war seinerzeit durch Gammabestrahlung im sogenannten Gamma-Fierudo des japanischen Landwirtschaftsministerium erzeugt worden, ein riesiges Gelände, in dessen Mitte eine gigantische Kobaltstrahlenquelle ausgefahren wird und die im Umkreis angebauten Versuchspflanzen bestrahlt. Durch Kobaltstrahlung werden häufig ganze Stücke von Genen, manchmal sogar mehrere Gene, herausgeschossen, man hat es also mit sogenannten Gendeletionen zu tun.
In der Arbeit ist nun zusammengefasst, wie man vom Erscheinungsbild der hebiba-Mutante zum betroffenen Gen gelangt ist, auch dies ein Prozess, der viele Jahre gedauert hat und nur durch eine intensive Kooperation zwischen deutschen und japanischen Wissenschaftlern gelang: zunächst wurde die hebiba-Mutante mit einer stark abweichenden Reissorte aus Indien, Kasalath, gekreuzt und daraus eine große Nachkommenschaft erzeugt. Jede dieser Pflanzen hat unterschiedliche Teile der hebiba-Mutante abbekommen. Da hebiba in der japanischen Reissorte Nihonmasari erzeugt worden war, kennt man viele genetische Unterschiede zu Kasalath und kann daher bei den Pflanzen, die den hebiba-Phänotyp besitzen (also Licht und Dunkel verwechseln) mithilfe einer sogenannten PCR feststellen, welches Chromosomenstück der japanischen Elternpflanze hier vorliegt. So gelang es, den Ort der Mutation immer weiter einzugrenzen. Am Ende zeigte sich, dass bei hebiba ein Stück fehlte, auf dem sonst zehn verschiedene Gene vorkommen, darunter auch das Gen für Allenoxid Cyclase, ein zentrales Enzym für die Erzeugung von Jasmonsäure. Das war also ein Kandidat, der Beweis, dass der merkwürdige Phänotyp der Mutante tatsächlich durch das Fehlen dieses Enzyms verursacht ist, musste aber noch geführt werden:
Dazu wurde aus dem Wildtyp von Reis das intakte Gen für Allenoxid Cyclase isoliert und mithilfe von Agrobacterium tumefaciens in die Mutante eingeführt. Die solcherart komplementierten Pflanzen waren nun wieder in der Lage, auf Licht normal zu reagieren - die Koleoptilen waren dann im Licht kurz, wie im Wildtyp und nicht lang wie bei der Mutante. Damit war gezeigt, dass das Gen für Allenoxid Cyclase notwendig und hinreichend für eine normale Lichtreaktion ist. Neben hebiba konnten wir noch eine zweite Mutante im selben Gen finden, coleoptile photomorphogenesis 2. Hier fehlte nur ein kleines Stück (11 Basenpaare) - dennoch verwechselte auch diese Mutante Licht und Dunkel, konnte aber durch ein intaktes Allenoxid Cyclase Gen "geheilt" werden. Dieser sogenannte rescue ist ein wichtiger Beleg, dass eine Veränderung in einem bestimmten Gen auch tatsächlich für den Phänotyp verantwortlich ist.