Michael Bölker

The language of the genes

 

Selbst vor der Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNS wurden Gene mit einem geschriebenen Code vergleichen. Die komplementäre Basenpaarung lieferte eine eingängige Erklärung für den molekularen Mechanismus der Duplizierung. Francis Crick formulierte ein zentrales "Dogma" des Informationsflusses von der DNS zum Protein und fixierte damit den metaphorischen Gebrauch von "Text", "Blaupause", "Buch des Lebens", um die genetische Funktion der DNS zu beschreiben. Dieses Konzept war sehr fruchtbar, da es viele Prozesse der biologischen Vererbung verständlich machte: Begriffe wie proofreading, imprinting, oder editing nehmen Bezug auf die Idee eines Textes. Dennoch führte der exzessive Gebrauch solcher Schriftmetaphern auch zu Missverständnissen, beispielsweise der Idee eines genetischen Determinismus mit Genen, die gemäß eines "eigenen Willens" agieren und den Organismus quasi als Geisel nehmen.

 

Sprecher

Nach einem Studium der Biochemie in Tübingen und Berlin, promovierte er über epigenetische Steuerung (Methylierung der DNS) bei Bakterien und wechselte dann ans Institut für Genetik und Mikrobiologie der Maximilian-Universität München, wo er über den Pilz Ustilago maydis forschte und 1996 in Genetik habilitierte. Seit 1997 hat er eine Professur an der Philipps-Universität Marburg inne, wo er seit 2016 auch als Vizepräsident für Forschung tätig ist. Er hat sich in zahlreichen Beiträgen zu philosophischen Fragen der Biologie geäußert und ist seit 2010 auch Mitglied des LOEWE Zentrums für Synthetische Mikrobiologie. Vor kurzem entdeckte er, dass an sich cytosolische Proteine durch "Überlesen" des Stopcodons in die Peroxisomen umgelenkt werden können.