Collective and Individual Behaviours in Bacteria
Bakterien werden zumeist als mehr oder minder unreguliert vor sich hin teilende Einzeller wahrgenommen. In der Tat leben viele Bakterien gar nicht solitär, sondern organisieren sich mit anderen Artgenossen oder oft auch ganz anderen Arten in sogenannten Biofilmen, die sich mit schleimartigen Barrieren vor den Widrigkeiten der Umwelt schützen. Der Übergang von einer frei lebenden Lebensweise zum Dasein im Biofilm bedeutet für die einzelne Zelle eine tiefgreifende Änderung ihres Verhaltens. Unter anderem müssen alle Zellen ihren Stoffwechsel so umsteuern, dass die kollektive Leistung Biofilm überhaupt möglich wird. Das wirft die Frage auf, wie die sonst in Konkurrenz zueinander einzelnen Zellen dieses gemeinsame Verhalten (von dem alle profitieren) eigentlich "aushandeln". Schließlich könnten ja einzelne Zellen ihr eigenes Süppchen kochen und vom Schutz der anderen profitieren, ohne selbst etwas beizutragen. Ein grundlegendes "gesellschaftliches" Problem, das auch den menschlichen Gesellschaften ja durchaus nicht fremd ist. Wie wird hier kommuniziert, wie werden "Egoismus" und kollektives Interesse ins Gleichgewicht gebracht? Mit molekularen Methoden in Verbindung mit mathematischen und organisationstheoretischen Überlegungen versucht das Labor Drescher diese einfache und doch wirkungsvolle Form von Verhalten zu verstehen.
Sprecher
Nach Studium der Physik in Oxford, wandelte sich Prof. Dr. Knut Drescher immer mehr zum Biologen. Die Doktorarbeit, ebenfalls in Oxford befasste sich mit biophysikalischen Fragestellungen, zwei Postdoc-Aufenthalte in Cambridge (Biophysik) und Princeton (Molekularbiologie) näherten sich seinem heutigen Forschungsgegenstand, dem kollektiven Verhalten von Bakterien, an. 2014 übernahm er die Leitung einer Max-Planck-Gruppe zum Thema bakterielle Biofilme in Marburg an, wo er auch 2015 zum Professor berufen wurde.